Pressespiegel 2018

Iserlohner Kreisanzeiger, 29.12.2018

Leserbrief

Klassenziel verfehlt, setzen, 6

Betr.: Wir leben in merkwürdigen Zeiten (Ausgabe vom 20. Dezember) Auf so eine gedrechselte Formulierung wie der MdB Renner muss man erst einmal kommen! Aber weich gespülte Formulierungen gehören offensichtlich zum Repertoire einer Partei, die sich im Parktheater eher als AfD light aufführte. Nur selten rutschten Formulierungen wie „links versiffte Kapitalisten“, „linkskultur-marxistischer Ansatz“ (...), und besonders der Bundestagsabgeordnete Renner inszenierte seine Partei in der Opferrolle. Ansonsten war das Format (...) durchschaubar: vorab drei langatmige und in ihrer unkonkreten aber unverkennbar beklemmend völkischen Diktion „Impulsvorträge“ von eineinhalbstündiger Dauer, unterbrochen nur von zustimmendem Raunen oder ostentativem Kaderapplaus der mehrheitlich extra angereisten Claqueure. Danach eine Fragerunde, bei der kritische Sachfragen ausweichend, dagegen mundgerecht servierte Häppchen der AfD-Anhänger als „gute Fragen“ bezeichnet und ausführlich beantwortet wurden. (...) Ein diskursiver Dialog – wie von Renner für seine Arbeit im Bundestag eingefordert – wurde also – bewusst? – selbst nicht geliefert. Wer sich als wohlwollender Interessent an wirklich alternativen Fakten eingefunden hatte, konnte nur zu einem Urteil kommen: als lange vor den Europawahlen positioniertes Dialogforum okay, leider inhaltlich unscharf und in der Konkretisierung mangelhaft, Tendenz fremdenfeindlich, autoritätsgläubig und teils hämisch. Klassenziel verfehlt, setzen, 6.

Matthias Opitz, Hemer


Iserlohner Kreisanzeiger, 22.12.2018

Leserbrief

„Iserlohn hat an diesem Abend ein dickes Ausrufezeichen gegen die Eindimensionalität der AfD gesetzt“

Betr.: „Wir leben in merkwürdigen Zeiten“ (Ausgabe vom 20. Dezember) Dieser Leserbrief soll den o.g. Artikel bestätigen und ergänzen, da er nur über die Vorträge der Veranstaltung berichtet und den Teil des „Dialoges“ im Anschluss nicht beleuchtet. Aber in diesem Teil folgten das besondere Auftreten und die besonderen Aussagen der Bundestagsfraktion der AfD.

Die Presse in Deutschland ist grundsätzlich „links-versifft“, in den nun kommenden Jahren werde es in Deutschland Bürgerkriege geben, deren Ursache in der Spaltung der Gesellschaft durch die etablierten Parteien liegt.

„Die Bundeswehr muss für Deutschland kämpfen“, das Wortfeld „Kampf“ wurde immer wieder benutzt. Deutschland werde bald eine andauernde Rezession erleben. Deutschland ist die „Beute“ aller EU-Mitgliedsstaaten.

Bezug nehmend auf die Aufrüstung der Bundeswehr und den Wunsch der AfD nach einem erneuten Einsetzen der Wehrpflicht kam die Frage nach dem Feindbild auf, die nur ausweichend beantwortet wurde, später jedoch fielen in diesem Zusammenhang die Worte Islam und „Iwan“.

Der Wandel in Deutschland müsse mit „brachialer Gewalt“ erfolgen, zwei Minuten später wurde ergänzt, dass damit die Wählerstimmen als Mittel gemeint waren. Dies wirkte wie ein abmildernder Versuch, das zu relativieren, was die AfD wirklich meint, auch vielleicht angesichts einer eventuellen Beobachtung dieser Veranstaltung durch den Verfassungsschutz.

Die anderen Fraktionen im Bundestag wurden hämisch und regelmäßig diffamiert, nur die AfD sei mit ihrem einzig wahren Weltbild realistisch politisch. Intelligenten und humanistisch gestellten Fragen wurde ausgewichen durch Umgehung der Antwort, andere AfD-affine Fragen wirkten wie platziert und einstudiert. Ein ernst gemeinter Dialog kam nicht zustande. Kritische Fragen wurden mit herabsetzenden Kommentaren begleitet, bevor sie dann nicht beantwortet wurden. Die Fragesteller seitens der AfD- Sympathisanten wurden teils mit dem Vornamen angesprochen.

Das Publikum bestand ziemlich genau aus 85 Personen, da 14 Stühle (nachgezählt) unbesetzt waren. Davon waren es ca. 30 Iserlohner, die trotz aller Bedrückungen diese Veranstaltung mit sehr kritischen Fragen und ohne Applaus begleiteten, sie waren ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und möglicherweise dem Aufruf im IKZ von Chefredakteur Thomas Reunert, „Mut zu zeigen“, aus den vergangen Tagen gefolgt. Einige wenige Gäste verließen kopfschüttelnd den Saal, es war nur schwer auszuhalten, diese Erniedrigung Deutschlands und aller damit verbundenen Werte von Gemeinschaft, Solidarität und Intellektualität.

Insgesamt blieb die AfD vernunftorientierte Lösungen schuldig und zeigte ihr eindimensionales, undifferenziertes und aggressives Gesicht, Kooperation Fehlanzeige. Sie äußerte eine Menge Furcht vor dem Islam, indirekt vor dem „Iwan“ und vor undefinierbaren „internationalen Bedrohungen“. Die Bundestagsfraktion der AfD hat ganz eindeutig Angst vor diesem Deutschland, welches sie den gesamten Abend immer wieder herabwürdigte.

Einen herzlichen Dank an die couragierten Iserlohner Mitbürger, die deutsche Grundeinstellungen wie Meinungsfreiheit, kritisches, differenziertes Denken und Handeln authentisch und aufrecht bewiesen haben. Sie haben Deutschland „verteidigt“. (Die AfD hat diese Bereitschaft als nur geringfügig vorhanden dargestellt, sie hat sich getäuscht). Iserlohn hat an diesem denkwürdigen Abend ein dickes Ausrufezeichen gegen die Eindimensionalität der AfD gesetzt.

Dirk Putscher, Iserlohn


Iserlohner Kreisanzeiger, 20.12.2018

„Wir leben in merkwürdigen Zeiten“

Demonstranten in der Stadt und die AfD auf der Höhe. Blick auf ein Wechselspiel

Alexander Barth und Frank Jungbluth

Iserlohn. Unten, in der Unnaer Straße, hat man (noch) einen Traum. Herz statt Hetze ist das Credo der Demonstranten, die dem Aufruf des Friedensplenums gefolgt sind, um für in buntes Iserlohn zu werben. Oben, im Studio des Parktheaters auf der Alexanderhöhe, ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Erwin Renner (64) überzeugt, dass „wir mitten im Kulturkampf sind. Multikulti“, sagt Renner, „ist nicht bunt, es ist burkaschwarz.“

„Iserlohn sagt nein zu Rassismus und Gewalt“, verkündet zur gleichen Zeit ein Transparent in der Unnaer Straße. Im Studio des Parktheaters sind die Reihen geschlossen, knapp 100 Besucher sind zum Bürgerdialog erschienen. Martin Erwin Renner, der aus Tübingen stammt, aber Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland (AfD) in Nordrhein-Westfalen war und 2017 in den Deutschen Bundestag einzog, spricht „von merkwürdigen Zeiten, in denen wir leben“ und berichtet von Beispielen, die ihn dazu bringen, festzustellen, dass „alles viel schlimmer ist, als ich dachte. Wir leben in einer Zeit der Zerstörung der kulturellen und nationalen Identität.“

50 Besucher in der Stadt, 100 beim AfD-Bürgerdialog

Renner erklärt, wofür die AfD steht. „Wir sind die rechten Rationalen im Bundestag, der von Irrationalität geprägt ist.“ Er sagt auch : „Die Verbrechen der Nazizeit können nicht die Grundlage für politische Entscheidungen heute sein.“ Detlev Paul, der für das Friedensplenum die Kundgebung in der Innenstadt initiiert hat, macht dagegen deutlich: „Es geht darum, hier ein positives Signal zu setzen.“ In einer kurzen Ansprache lobt er die Bemühungen der Waldstadt für Vielfalt und ein kulturelles Miteinander. Die Versammlung zählt um die 50 Personen. Ein Teil ist der Einladung gefolgt, andere sind spontan stehen geblieben.

Nicht jeder Passant hier unten weiß, was sich da oben im Parktheater abspielt. Im linken Spektrum verursacht die AfD-Veranstaltung Unbehagen, auch wenn die meisten der angesprochenen Teilnehmer sich diesbezüglich lieber bedeckt halten. „Sorge macht mir, was bei der AfD im Hintergrund passiert“, erklärt Katja Schönberg aus Hemer. Bürgerlich gäbe die Partei sich nur nach außen hin, glaubt sie.

Auf eine Konfrontation ist hier niemand aus. Ein Marsch zur Alexanderhöhe, so viel lässt Detlev Paul durchblicken, sei nie geplant gewesen. Ebenso wenig eine kritische Teilnahme an der Veranstaltung – davon versprechen die Aktivisten sich nicht viel. Oben auf der Höhe parken während der AfD-Veranstaltung sechs Polizeifahrzeuge, ein Dutzend Beamte stehen bereit, aber der Bürgerdialog der AfD verläuft ruhig. Es geht dabei noch um den heftig kritisierten Migrationspakt von Marrakesch, darum, dass die Bundesrepublik zu wenig für die Bundeswehr ausgebe, darum, „dass kaum jemand mehr bereit ist, unser Land zu verteidigen“, wie der Soester AfD-Bundestagsabgeordnete Berengar Elsner von Gronow sagt.


Iserlohner Kreisanzeiger, 15.12.2018

„Iserlohn bleibt weltoffen und friedlich“

Iserlohn. Das Friedensplenum Iserlohn ruft zu einer Kundgebung unter dem Motto „Herz statt Hetze – Iserlohn bleibt weltoffen und friedlich“ am Mittwoch, 19. Dezember, um 18 Uhr am unteren Teil der Unnaer Straße auf. Die Veranstalter wollen damit ein Zeichen für Menschlichkeit und ein freundliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft in Iserlohn setzen. Ebenfalls gibt es Glühwein, Kinderpunsch und Crêpes.


Iserlohner Kreisanzeiger, 10.11.2018

Deutliche Worte zur Reichspogromnacht

Zahlreiche Iserlohner beteiligen sich am Gedenken und warnen vor den aktuellen Geschehnissen

Jennifer Katz

Kleine Steine wurden am Gedenkstein an der Mendener Straße abgelegt. Die Mitglieder des Kinder- und Jugendrates hatten Plakate und zum Teil auch Masken vorbereitet. Von dort aus führte der Schweigegang zum Poth.
Iserlohn. Deutlich mehr Teilnehmer als in den vergangenen Jahren fanden am Freitagabend den Weg zum Gedenkstein für die Synagoge an der Ecke Mendener Straße/Karnacksweg. „Angefangen haben wir mit acht Leuten, zwischenzeitlich – zu Zeiten von Solingen und Mölln – waren es auch so viele wie heute, dann wieder deutlich weniger“, erklärte Detlef Paul vom Friedensplenum, der die Besucher und Redner begrüßte, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens erinnerte an den „staatlich verordneten Terror, der letztendlich zur Shoa und zur Ermordung von sechs Millionen Juden führte“. „Heute am 80. Jahrestag einer der grausamsten Momente der deutschen Geschichte ist die Erinnerung daran wichtiger denn je. Auch in unserer Stadt“, so Ahrens. Das politische Klima in Deutschland sei in den vergangenen Monaten und Jahren wieder deutlich rauer geworden. „Wenn ein Landesvorsitzender der AfD öffentlich die Aussage trifft, dass die Erinnerung an die Judenverfolgung ,dämliche Bewältigungspolitik’ sei, dann ist die geistige Brandstiftung von damals auch heute noch präsent. Praktisch überall in Europa sind Nationalisten mit rassistischen und europafeindlichen Parolen auf dem Vormarsch. Dieses Gift breitet sich kontinuierlich aus“, unterstrich der Bürgermeister, der an die Zuhörer appellierte: „Wir dürfen die Lehren aus dem Faschismus, die Lehren aus der Pogromnacht 1938 niemals vergessen, niemals auch nur in Zweifel ziehen – wir sind es den Menschen, den Opfern, aber auch uns selbst schuldig.“

Jugendliche fordern Gedenkstättenfahrten

20 Mitglieder des Kinder- und Jugendrates hatten während der Herbstferien die Gedenkstätte in Dachau besucht. Sherin Omairatte fasste die Erlebnisse stellvertretend zusammen: „Am zweiten Tag in der Gedenkstätte empfand ich Furcht, Trauer, Wut und Angst. Einiges, was in Deutschland zurzeit geschieht, gibt uns Anlass zur Sorge. Wir vom Kinder- und Jugendrat finden, dass jeder Jugendliche eine Gedenkstätte besuchen sollte, und dass alle jungen Menschen die Bildung bekommen müssen, die nötig ist, damit der Hass gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Äußerlichkeiten keine Chance mehr hat.“ Auch Hana Jurczyk sprach sich dafür aus, möglichst jedem Jugendlichen eine Fahrt nach Dachau oder zu anderen Gedenkstätten zu ermöglichen. Und sie erklärte: „Wir sollten aus alten Fehlern lernen und sie nicht noch einmal machen.“

Erinnerung an schwierige Aufarbeitung

Autor und Historiker Dr. Walter Wehner erinnerte an diejenigen, die zu NS-Zeiten Ämter bekleideten und ihre Karriere auch nach Kriegsende erfolgreich fortsetzen konnten. Er erinnerte an das Verschweigen des Holocausts während seiner Kindheit, er erinnerte an die Juden, die in Iserlohn ums Leben gekommen sind, und er erinnerte daran, wie schwierig die Aufarbeitung gewesen sei. Beispielsweise an die Schwierigkeiten, eine Gedenktafel am Bethanien-Krankenhaus anzubringen und daran, dass immer noch Iserlohner Straßen nach Nazis benannt sind.
Bei der Kranzniederlegung am Mahnmal am Poth sprachen Superintendentin Martina Espelöer und Pfarrer Dr. Gottfried Abrath einen Segen.


Iserlohner Kreisanzeiger, 29.10.2018

Erinnerung an die Pogrome des 9. November

Start ist am Gedenkstein der Synagoge

Iserlohn. Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland die Synagogen. Auch in Iserlohn waren die jüdischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Hab und Gut ungehemmter Gewalt ausgesetzt. Die Synagoge an der Mendener Straße wurde in Brand gesteckt, jüdische Nachbarn wurden drangsaliert, angegriffen und ausgeraubt. Die Novemberpogrome steigerten den staatlichen Antisemitismus zur Existenzbedrohung für die Juden im damaligen Deutschen Reich. Opfer der Verfolgung wurden auch viele Andersdenkende und Angehörige anderer Nationalitäten.
„Die Ereignisse vom 9. November 1938 und deren Folgen haben auch in Iserlohn unauslöschlich Eingang in die Geschichte und in die Herzen vieler Menschen gefunden. Sie waren und sind eine wichtige Mahnung für uns, nicht wegzuschauen, wenn Menschen diskriminiert und verfolgt werden. Aus dieser fortwährenden Verpflichtung und der Erkenntnis, sich in Iserlohn immerwährend für Toleranz und Mitmenschlichkeit einzusetzen, lade ich alle Bürgerinnen und Bürger herzlich ein zur diesjährigen Gedenkveranstaltung“, so Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens. Die Gedenkveranstaltung beginnt am Freitag, 9. November, um 18 Uhr am Gedenkstein für die Synagoge (Mendener Straße / Ecke Karnacksweg).
Detlev Paul (Friedensplenum) wird die Teilnehmer begrüßen. Anschließend sprechen Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens und Dr. Walter Wehner. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von Tobias Henke (Schüler der Musikschule Iserlohn).
Im Anschluss begeben sich die Teilnehmer auf einen Schweigegang durch die Innenstadt zum Mahnmal am Poth mit Zwischenstopps an den „Stolpersteinen“. Am Mahnmal wird Pfarrer Dr. Gottfried Abrath an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern sowie eine Segnung sprechen. Wie in den Vorjahren bereitet auch der Kinder- und Jugendrat einen Beitrag vor. Die Veranstaltung endet mit Blumen- und Kranzniederlegungen am dortigen Mahnmal.
Die Mahnveranstaltung ist eine gemeinsame Aktion von Pax Christi, FriedensPlenum und der im Rat vertretenen Parteien der Stadt Iserlohn.


Iserlohner Kreisanzeiger, 16.10.2018

Planungen für das Friedensfestival laufen

Iserlohn. Die Planungen für das 29. Friedensfestival laufen schon auf Hochtouren. Vom 5. bis 7. Juli erwartet die Besucher wieder ein bunter Mix aus Kultur und Politik an der Bauernkirche. Gesucht werden nun Bands aller Musikrichtungen, die einen 60- bis 90-minütigen Auftritt mit eigenen Songs füllen können. Die Bewerbungsfrist endet am 16. Dezember. Da es sich um ein ehrenamtlich organisiertes Benefiz-Festival handelt, werden nur anfallende Kosten erstattet. Eine Gage kann nicht gezahlt werden. Interessierte senden eine Demo-CD, Bandinformationen und -fotos an folgende Adresse: FriedensPlenum Iserlohn, c/o JuZ Karnacksweg 44, 58636 Iserlohn, E-Mail: info(at)friedensfestival.de.


Iserlohner Kreisanzeiger, 14.09.2018

Verhaltene Resonanz auf Spendenaufruf gegen Rechts

Heinz Ratz will mit seiner Band "Strom & Wasser" eine Million Euro zusammenbekommen, um für angstfreie Räume zu kämpfen.

Von Annabell Jatzke

Iserlohn. 100 Konzerte in 100 Städten, um insgesamt eine Million Euro gegen Rechts zu sammeln, das ist das Ziel von Heinz Ratz und seiner Band "Strom & Wasser". Der leidenschaftliche Musiker möchte das gesammelte Geld bedrohten sozio-kulterellen Zentren und selbstverwalteten Jugendhäusern zur Verfügung stelle, deren Existenz er in den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg durch rechtspopulistische Mehrheiten in den Parlamenten bedroht sieht. Er hat sich auf die Fahne geschrieben, mit seiner Musik für angstfreie Räume, die friedliche Begegnungen ermöglichen, zu kämpfen. Die Schließung der Kulturzentren bedeute immer einen großen kulturellen Verlust für die Region, und sie stärke letztendlich rechte Strukturen.

Tourauftakt am Karnacksweg

Am Freitagabend hat der Liedermacher, der bereits 2017 schon einmal in Iserlohn auftrat, auf Einladung des Vereins Friedensfestival Iserlohn und dem Jugendzentrum der Stadt Iserlohn erneut halt in der Waldstadt gemacht, um im JuZ am Karnacksweg den Auftakt seiner Tour zu feiern und seine Botschaft herüberzubringen. Unterstützt wurde die Veranstaltung, die eine wilde Mischung aus Politik, Party und anspruchsvollen Texten lieferte, dabei vom Iserlohner Stadtverband der Partei "Die Linke".
Seit mehr als drei Jahrzehnten auf der Bühne zu Hause, ist es Heinz Ratz wichtig, mit Texten, die ihm aus der Seele sprechen, und brillianten Melodien sowie jeder Menge Spielfreude seine Zuhörer zu bewegen, die Starre zu durchbrechen. Sei es sein Einsatz für Obdachlose, für den Artenschutz oder für Flüchtlinge, Heinz Ratz lässt sich verrückte Dinge einfallen, um seine Ziele zu verfolgen.

Seit 12 Jahren abseits des Mainstreams unterwegs

Seine Band "Strom & Wasser" wurde vor zwölf Jahren gegründet, bewegt sich abseits des üblichen Mainstreams und spricht dennoch mit einer ungewöhlichen Michung von Musikstilen viele Zuhörer an. Zwischen den einzelnen Stücken nutzte Heinz Ratz auch am Freitagabend immer wieder die Zeit für direkte Ansprachen. "Es ist sehr wichtig, dass wir Solidarität gegen Rechts zeigen", so Ratz.
Neben den Spenden, die bei dem Konzert anstelle eines Eintrittsgeldes zusammenkamen, hatte Heinz Ratz im Vorfeld seines Auftritts in Iserlohn auch heimische Unternehmen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen, Banken und die Stadt selbst um finanzielle Unterstützung gebeten, damit er sein Ziel "Eine Million gegen Rechts!" erreicht. Leider war die Resonanz auf seinen Spendenaufruf jedoch sehr verhalten. Aber Heinz Ratz lässt sich nicht unterkriegen und arbeitet weiter hart dafür eine Million Euro zu sammeln.
Zum "Benefiz fürs Friedensfestival" lädt das FriedensPlenum Iserlohn am Samstag, 22. September, in das Jugendzentrum am Karnacksweg ein. Dann sorgen mehrere Diskjockeys mit 80er- und 90er-Musik, Rock, Pop und Wave für die passenden Rhythmen zu Tanzen. Los geht's um 21 Uhr. Anstelle eines Eintritts wird wieder um Spenden gebeten, der Erlös fließt dann komplett ins Friedensfest.


Iserlohner Kreisanzeiger, 13.09.2018

Disco für das Friedensfest

Mehrere DJs legen im Jugendzentrum auf

Iserlohn. Am Samstag, 22. September, wird im Jugendzentrum am Karnacksweg ein „Benefiz fürs Friedensfest“ gefeiert. Ab 21 Uhr erwartet die Besucher eine Disco mit mehreren DJs. Die Genres reichen von Musik der 80er und 90er Jahre über Rock, Pop und Wave, so dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Die Veranstaltung wird vom Friedensplenum Iserlohn präsentiert. Einen festen Eintrittspreis gibt es nicht. Allerdings freut sich das Plenum über Spenden der Besucher. Der gesamte Erlös kommt dem Friedensfest im kommenden Jahr zugute. Für mehr Informationen können Interessierte die Facebookseite des Friedensplenums besuchen.


Iserlohner Kreisanzeiger, 13.07.2018

Leserbrief

Warum blieb das Einpacken der Kühn-Büste in der Presse unerwähnt?

Betr.: Friedensfest Wann geben die Veranstalter des Friedensfestes Ruhe und versuchen nicht mehr, zwischen die Iserlohner Bevölkerung einen Keil zu treiben! Unten die Guten und oben die Schlechten? Der Platz heißt nun mal Fritz-Kühn-Platz und nicht Platz der Kulturen! Schon im Quartiersbüro wurde bemängelt, dass bei den ersten Plänen vom Fritz-Kühn-Platz der Satz „Platz der Kulturen“ genannt wurde! Auf Nachfragen wurde uns versichert, es handele sich um einen Arbeitstitel.
Das man allerdings seit Jahren und auch jetzt wieder die Büste des Fritz Kühn eingepackt hat, wurde in der Presse nicht erwähnt . Alles nur Friede, Freude, Eierkuchen! Ich weiss nicht, wie andere Städte reagieren würden, wenn die Büste eines Ehrenbürgers eingepackt würde .Was hat die laute Musik, die die Bewohner der ganzen Altstadt stört, mit Frieden zu tun? Frieden kann auch leise sein oder?

Reinhard Jobs, Iserlohn

Anmerkung des FriedensPlenum: Auch diesen Beitrag dokumentieren wir hier, auch wenn er gar nicht unserer Meinung entspricht, die wir in vielen im Archiv befindlichen Festivalzeitungen kund getan haben.


Iserlohner Kreisanzeiger, 10.07.2018

Starkes Finale beim Friedensfest

Das Resümee des 28. Festivals auf dem Platz der Kulturen fällt positiv aus

Ralf Tiemann

Iserlohn. „Doctor Krapula“ – in ihrer kolumbianischen Heimat füllt die Band Stadien, und auch am Sonntag hat sie zum Abschluss des Friedensfestivals total abgeräumt. Die Musik ist wie gemacht für eine Party in diesem Stile. Rockig, melodiös mit Ska- und Reggae-Einflüssen, dazu ein wilder Frontmann, der alles gibt – es verwundert nicht, dass zum Abschluss des Festivals auch das Publikum noch einmal alles gegeben hat. Was im Übrigen auch für das Organisations-Team gilt. Ein letztes Aufbäumen, ein letzter Energieschub bei der mitreißenden Musik der Kolumbianer nach drei ziemlich anstrengenden Festivaltagen.

Rund 1200 Leute zu Spitzenzeiten auf dem Platz

Drei Tage, die vor allem auch von einem starken Besucherandrang geprägt waren. Das Festival – bekanntlich umsonst, draußen und nicht eingezäunt – lässt genaue Angaben über den Besuch nicht zu. An einem Tag wie dem vergangenen Samstag ist aber davon auszugehen, dass weit über 2000 Besucher im Tagesdurchlauf auf dem Platz der Kulturen waren. Zu Spitzenzeiten, so die Organisatoren, sollen rund 1200 Besucher gleichzeitig auf dem Gelände gewesen sein.
Der gute Besuch lässt auch jetzt schon ein erste Prognose zu den Einnahmen zu. Detlev Paul vom Friedens-Plenum geht nach einem ersten Überschlag von rund 4000 Euro aus, die nun an soziale Projekte gespendet werden können. Das sei ein gutes Ergebnis, das unter Umständen aber noch korrigiert werden müsse. Vielleicht ja auch nach oben: Die Rekordeinnahmen liegen bisher bei rund 6500 Euro.
Möglich wird ein solcher Gewinn nur, weil die Bands sämtlich auf eine Gage verzichten, das Plenum also nur für die Anreise und Unterbringungen aufkommen muss, und weil erneut mehr als 100 freiwillige Helfer den reibungslosen Ablauf garantiert haben.

Der komplette Müll passt in acht schwarze Tonnen

Erfreulich sind auch die weiteren Zahlen zum Festival. Zwei mal nur mussten die Sanitäter aktiv werden – in beiden Fällen handelte es sich aber um gesundheitliche Probleme, die zu jeder Zeit hätten auftreten können. Nur einmal musste die Polizei eingreifen. Auch da handelte es sich um eine Auseinandersetzung eher abseits des Geländes unter den üblichen „Platz-Bewohnern“, die ebenfalls nur wenig mit dem Festivalgeschehen zu tun hatte.
Auch das Müllaufkommen konnten die Organisatoren weiter senken. Rund 2000 Liter sind in diesem Jahr nach drei Tagen mit tausenden Besuchern nur noch angefallen, die nun bequem in acht schwarze Tonnen passen.


Iserlohner Kreisnazeiger, 09.07.2018

So eine Mischung gibt es nicht noch mal

Kunterbuntes Publikum, starke Musik und viel Drumherum – ein Tag auf dem Friedensfest

Ralf Tiemann

Iserlohn. Es ist brütend heiß. Die Sonne knallt richtig runter auf die Wiese an der Bauernkirche. Die vielen Besucher, die schon am Nachmittag kommen, um über das Festival zu schlendern, suchen Schutz im Schatten der großen Eiche gleich neben der Kirche. Es gibt kühle Softdrinks, auch schon die ersten Bierchen. Für die Leute ist das prima, nette Gespräche auf den Bierbänken bei toller Live-Musik. Für die Bands weniger, denn zwischen Schatten und Bühne erstreckt sich ein etwa 30 Meter breiter Streifen in der prallen Sonne, der kaum bevölkert ist. Besonders viel Applaus bekommen die ersten Bands des Tages auf die Entfernung nicht ab. Dabei hätten sie ihn verdient: „Bisquit“ aus Iserlohn und Umgebung bieten sehr gefälligen Pop mit schönen Melodien, danach gibt es treibenden Rock von „Royal Wolves“ aus Menden. Auch die sind große Klasse.
Die Atmosphäre ist schon zu diesem frühen Zeitpunkt fantastisch – nicht nur im Bereich der Bühne am unteren Ende des Platzes zur Inselstraße hin. Am anderen Ende am Stadtmuseum haben die Kinder ihr Reich mit Hüpfburg, Schmink- und Bastelständen. Dazwischen erstrecken sich Zelte und Buden mit einem kunterbunten Angebot, das es so nur hier gibt. Politische Gruppen und Parteien halten ihre Fahnen hoch, die Jugendkunstschule ist vor Ort, es gibt alternative Mode aller Art, vegane Küche, afrikanische Kunst, indianische Traumfänger, bunten Modeschmuck, Lederhüte, Duftsteine, Massagen und und und. An einem Trödelstand bekommt man sogar ein Original-Wahlplakat von Heinz Weifenbach für den Hemeraner Stadtrat, das jeden älteren und ortskundigen Besucher auflachen lässt. Besonderer Andrang herrscht bei einem gut sortierten Schallplattenhändler. Und sogar an einem Stand mit vergilbten politischen Schriften tummeln sich interessierte Jugendliche.

Kaum Müll und überhaupt keine Scherben

Ebenso kunterbunt ist das Publikum, das im Laufe des Abends auch immer bunter wird. Auf der Bühne spielen inzwischen „Honnycutt“ aus Hagen ziemlich knüppeligen Punkrock, erfreuen aber immerhin mit einer lustigen Version von Shakin Stevens’ „You drive me crazy“. Der Platz füllt sich immer mehr mit einer Mischung aus Menschen, die es ebenfalls so nur hier gibt. Alle Generationen, alle Schichten, viele bunte Vögel und noch viel mehr ganz normale Leute, die das Friedensfestival genießen. Ein paar schräge Typen, die ein ungutes Gefühl verbreiten, sind natürlich auch dabei. Einer fällt besonders auf: nietenbesetzte Maske, Stachelhalsband und ekliges Netzhemd – ziemlich gruselig und echt unappetitlich. Aber auch der wird nicht ausgegrenzt, auch er wird einfach gelassen, wie er ist, so wie hier jeder einfach sein kann, wie er sein will.
Heiß ist es aber immer noch, obwohl die Sonne nun viel tiefer steht und langsam über der Kluse verschwindet. Am kühlenden Bachlauf halten gruftig herausgeputzte Jugendliche ihre Füße ins Wasser. Überhaupt muss man sich um die vielen Barfußläufer auf dem Platz keine Sorgen machen. Es ist verblüffend sauber, es gibt überhaupt keine Spuren vom Freitagabend, keine Scherben auf der Wiese und auch kein Siff auf der Treppe. Das Anti-Müllkonzept der Organisatoren geht voll auf. Getränke gibt es ausschließlich in Pfandflaschen, sogar die Teller für die afrikanischen Spezialitäten sind aus Keramik und werden gespült – kaum Müll und null Glasbruch.

Mehr als 100 Helfer – aber immer noch zu wenig

Zusätzlich läuft noch ein Helfer herum und sammelt unermüdlich Kippen auf. Einer von über hundert ehrenamtlichen Freiwilligen, ohne die es das Fest nicht gäbe. Und doch sind es immer zu wenige. Jörg Jung vom Friedensplenum startet vor der vierten Band nochmal einen Appell. Es seien noch Lücken in der Helferliste. Wer spontan einspringen will, solle sich melden. Auch der Kassenstand sei derzeit trotz des guten Besuchs noch recht dürftig. „Wenn ihr eure eigenen Getränke mitbringt, kann das Fest nicht funktionieren“, sagt Jörg Jung. Der Getränkeverkauf ist schließlich die einzige Einnahmequelle. Grundsätzlich findet es aber auch Jörg Jung super, dass so viele gekommen sind und das Fest gut finden. Die Band „DIAS“ aus dem fernen Stralsund lässt es danach ordentlich krachen und glüht schon mal für den Höhepunkt des Abends vor. Der komplette Platz ist nun gut gefüllt, überall wird getratscht und gelacht, getrunken und feiert. Die Party geht langsam richtig los und erreicht wenig später, als es langsam dunkel wird, beim Top-Act ihren Höhepunkt. „April Art“ aus Gießen haben die Ehre, den Friedensfest-Samstag zu beenden und machen das richtig gut. Die Band ist super abgemischt und geht richtig nach vorne ohne einen voll zu dröhnen. Und dass die rockröhrige Frontfrau mit knallroter Mähne nimmt den ganzen Platz mit, bringt die Leute vorne zum Hüpfen und Tanzen und reißt auch die Leute auf der Treppe mit. Und man freut sich schon da, dass es auch noch einen Festival-Sonntag gibt, und hofft, dass es entgegen den jedes Jahr geäußerten Befürchtungen des Friedensplenums auch nächstes Jahr wieder ein Friedensfestival gibt.

Eine Fotostrecke zum Friedensfestival finden Sie unter www.ikz-online.de.


Aus „Anti-Bewegung“ wurde akzeptiertes Festival

Kerstin Rinke hat die Geschichte des Friedensfestes nahe miterlebt – mit allen Veränderungen

Natürlich sind es die Menschen, die die besondere Atmosphäre beim Friedensfestival ausmachen. Da ist sich auch Katrin Rinke sicher. Wobei sie bei einem Blick über den „Platz der Kulturen“ einräumt, dass viele Gesichter, die das Fest in den Anfängen geprägt haben, heute gar nicht mehr da sind. „Dafür wachsen aber andere nach“, sagt die 56-Jährige, die die Geschichte des Festivals von Anfang an als treue Besucherin begleitet hat. Beim ersten Mal, 1991, war die Aufregung riesengroß, sagt sie: Es gibt was Neues in der Stadt – Friedensfest. Freitags sollte es losgehen. Am Donnerstag erfuhr sie vom Frauenarzt, dass sie schwanger war. „Ich habe dann da gesessen – mit Fanta und ohne Tabak“, erinnert sie sich lachend.
Es sei aber trotzdem prima gewesen. Jedenfalls so gut, dass sie danach kein Jahr mehr verpasst hat. So auch direkt das zweite, bei dem sie mit ihrer Tochter antrat. Anfänglich sei alles noch eine Spur punkiger gewesen, die Leute noch viel härter als heute. Direkt vor der Kirche campierten die Punks, es gab mehr Drogen und mehr laute Musik. „Davon musste man sich mit einem Kind früh distanzieren“.

Heute kommen Omas mit ihren Enkeln

Mit dem Kinderwagen sei sie damals sofort zum organisierenden Friedens-Plenum marschiert, um sich für mehr Familienfreundlichkeit einzusetzen. Mit großem Erfolg, wie man heute beim Festival sehen kann. Doch auch schon bei der dritten Auflage hätten die Organisatoren die Anregungen umgesetzt.
Das Festival sei früher auf jeden fall auch vom Publikum her jünger und politischer gewesen. Heute kommen Omas mit ihren Enkeln, was wunderbar sei. Und es gebe auch den Kampf mit dem IBSV nicht mehr. Das sei anfänglich ja ein richtiger Krieg gewesen. Heute sei es normal, dass sich das Publikum mischt, viele Leute beide Feste besuchen und auch Grünröcke an der Bauernkirche auftauchen – früher undenkbar. Tatsächlich gehörte das Ständchen der Dudelsackspieler vom Schützenfest Freitagnacht zu den schönsten Momenten des diesjährigen Friedensfestes. Aus der pubertären Anti-Bewegung, sagt Kerstin Rinke, sei inzwischen ein in der ganzen Stadt sehr akzeptiertes Festival geworden.
Mit dazu beigetragen, da ist sie sich sicher, habe auch, dass sich die Veranstalter, gerade wenn es Konflikte gab, bis heute immer sehr korrekt verhalten hätten, alles immer friedlich und ausgleichend gelöst hätten und auch für alle offen gewesen seien. Natürlich auch schon immer für Flüchtlinge. „Über die Jahre hat man dem Festival immer sehr genau angesehen, wo auf dieser Welt gerade Not ist“, sagt sie mit Blick auf das bunt gemischte Publikum.


Iserlohner Kreisanzeiger, 07.07.2018

Das Festival ist wieder zu Hause

Harte Musik und politische Themen – 28. Friedenfest ist gestern gestartet

Von Ralf Tiemann

Iserlohn. „Leichenwetter“, „Brandsatz“ – man braucht nicht allzu viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie solche Bands klingen. Bevor es heute und morgen beim Friedensfestival deutlich familienfreundlicher und trommelfellverträglicher zugeht, gab es beim gestrigen „harten Freitag“, wie er heißt, erst einmal tüchtig was auf die Ohren. Das ist Tradition zum Auftakt des Festivals, so ist es schließlich vor 28 Jahren auch mal los gegangen: Harte Bratgitarren, aggressiver Gesang, all das gibt es noch – inklusive Pogo und ein paar Kisten Freibier aus Paderborn. Das Friedensfestival hat gestern Abend bei besten Bedingungen einen Auftakt nach Maß hingelegt und war schon bei der Opener-Band bestens besucht – später wurde es richtig voll.
Wer zwischendurch mal in die Stadt spazierte, konnte abseits der harten Klänge vom Gelände die Bands des IBSV hören – schottische Dudelsäcke und knallige Marching-Bands aus Holland. Was für ein Kontrast. So etwas gibt es vermutlich wirklich nur in Iserlohn.

"Dieser Standort ist unser Standort."
Detlev Paul, FriedensPlenum

Aber zurück auf den Fritz-Kühn-Platz. Oder Platz der Kultur(en)? Wie heißt er denn nun? „Als Platz der Kultur(en) hat die Stadt Millionen an Fördermittel für ihn bekommen“, donnert Jörg Jung vom Organisations-Team von der Bühne. Und deswegen solle er auch endlich offiziell so heißen. Dazu liegen Unterschriften an den Ständen des Festivals aus, um die Stadt zu einer Umbenennung zu bewegen.
Aber wie er zukünftig auch heißen mag, das „FriedensPlenum“ ist froh nach der langen Umgestaltung und einem Ausweich-Festival unterhalb des Parktheaters im vergangenen Jahr wieder an der Bauernkirche feiern zu können. „Dieser Standort ist unser Standort“ sagt Plenumsmitglied Detlev Paul klipp und klar – auch wenn der Platz nach der Umgestaltung durchaus seine Schwierigkeiten habe. Die Zufahrten für schwere Fahrzeuge am Kinderspielplatz seien ungünstig, die Ausrichtung der Bühne nach der neuen Platzaufteilung ebenfalls, da die Musik nun nicht mehr frontal auf die Bauernkirche, sondern in Richtung Stadtmuseum und damit auch in Richtung Altersheim schalle. Es sei schwierig, das auszutarieren.
Für Ärger sorgt auch die Stromversorgung. Anstatt wie früher aus einer, wird die Bühne nun aus drei Stromquellen versorgt, was auch die Kosten für den Stromanschluss verdreifacht. Ärgerlich, weil das Festival bekanntlich für alle Besucher umsonst ist, und der Erlös aus dem Getränkeverkauf komplett für Flüchtlinge gespendet wird. Dafür verzichten sogar die Bands auf ihren Gagen, selbst wenn sie wie der Topact „Triddana“ den weiten Weg aus Argentinien machen.

Rechtsruck, Flüchtlinge und Obere Mühle

Natürlich gehören auch politische Themen an Ständen und in Form von Reden zum Festival – mehr denn je, möchte man sagen. „Wir haben viel zu sagen“, kündigt Detlev Paul an, dass es gerade bei dem derzeitigen Rechtsruck in Deutschland und Europa gelte, dagegenzuhalten. Das Festival-Motto „We Still Have A Dream“ zeigt schon, dass die Sorgen grundsätzlicher Natur sind. Ein großes Thema ist dabei natürlich die Festung Europa, die zunehmende Abgrenzung in Richtung Mittelmeer und in diesem Zusammenhang auch die bedenklichen Waffenexporte. Aber auch lokale Themen stehen auf dem Programm. Dr. Martina Harbrink-Schlegel, Ärztin in der „Werkstatt im Hinterhof“, hat gestern bereits Stellung zur Oberen Mühle genommen und die Stadt für ihr Vorgehen erneut kritisiert.
Den Besuchern geht es aber auch um Flair, Musik, Kinderspaß und Essen aus verschiedenen Ländern, was sich heute und morgen bei voraussichtlich bestem Wetter alles noch steigern wird. Unter anderem beginnt die kolumbianische Band „Doctor Krápula“ ihre Europa-Tour in Iserlohn.


Iserlohner Kreisanzeiger, 06.07.2018

„Widersprecht, wenn Schutzsuchende ausgewiesen werden“

Friedensfreunde halten Mahnwache am Poth ab und legen Kränze nieder. Kritik an Nationalismus und Waffenhandel

Iserlohn. An die „Wurzeln des deutschen Faschismus im Ersten Weltkrieg“ hat Pfarrer Gottfried Abrath von der Erlösergemeinde im Vorfeld des 28. Friedensfests an der Bauernkirche erinnert. Ein paar Dutzend Iserlohner lauschten seinen Worten und beteiligten sich an der Mahnwache, bei der zwei Blumenkränze am Mahnmal für die Opfer des Faschismus am Poth niedergelegt wurden.
„Mit unserem Schweigen setzen wir ein Zeichen gegen die Verfolgung von Minderheiten, gegen Nationalismus und Krieg“, erklärte Abrath und verglich die Geisteshaltung des „Kriegsverbrechers“ Paul von Hindenburg mit heutigen Angriffen auf die Demokratie, die europäische Idee und Hetze gegen Flüchtlinge. Er empfinde es als „geradezu schandhaft“ dass der frühere Generalfeldmarschall auch in Iserlohn noch durch einen Straßennamen „geehrt“ werde. „Wir müssen mit noch mehr Energie dafür eintreten, dass dumpfer Nationalismus entlarvt wird“, betonte der Pfarrer.
Detlev Paul vom Friedensplenum richtete anschließend den Appell an seine Zuhörer, „menschenverachtenden Parolen“ mutig entgegenzutreten und zu widersprechen, wenn Flüchtlinge ausgewiesen oder „deutsche Soldaten im Ausland wirtschaftliche Interessen sichern“ sollten. Das Friedensfest wird heute um 17.45 Uhr eröffnet.


Iserlohner Kreisanzeiger, 03.07.2018

Bunte Mischung auf der Bühne

Beim Friedensfestival treten wieder internationale und lokale Bands auf

Iserlohn. „We still have a dream“ – mit diesem Motto erinnert das diesjährige Friedensfestival an den vor 50 Jahren ermordeten Bürgerrechtler Martin Luther King und setzt damit ein klares Zeichen gegen Rechtspopulismus. Obendrein wird es vom Freitag, 6. Juli, bis Sonntag, 8. Juli, ein breit gefächertes Angebot an Infoständen, Leckereien sowie ein kunterbuntes Kinderprogramm geben. Der Eintritt ist wie immer frei und der Gewinn aus den Essens- und Getränkeverkäufen kommt sozialen Projekten zugute.

Musik aus Argentinien und Kolumbien

In der 28. Auflage des Festivals auf dem neu gestalteten Platz der Kultur(en) an der Bauernkirche erwartet die Besucher damit wieder eine spannende Mischung aus Kultur und Politik. Das bunt gemischte Musikprogramm – bestehend aus 13 regionalen, überregionalen und internationalen Bands – kann sich sehen lassen. Am Freitagabend werden „Triddana“ als Headliner die Bühne stürmen. Die vier Musiker aus Argentinien spielen eine Mischung aus Metal und keltischer Volksmusik und kreieren so einen harten, aber dennoch melodiösen Sound.
„April Art“ überzeugen am Samstag mit ihrer energiegeladenen Performance. Dass die Band aus Gießen ein großes Publikum bewegen kann, bewies sie nicht zuletzt als Gewinner des Deutschen Rock & Pop Preises 2016. Den Abschluss des Festivals zelebrieren am Sonntag „Doctor Krápula“ aus Kolumbien, die mit einer tanzbaren Mischung aus Rock und Ska in ihrer Heimat ganze Stadien füllen.
Mit „Brand! Satz!“, „The Grabøwskis“, „Leichenwetter“, „Bisquit“, „Pils und Kippe“ und den „Kilkenny Bastards“ sind auch wieder einige Bands aus Iserlohn und Umgebung dabei.
Am Vorabend des Friedensfestivals, am Donnerstag, 5. Juli, lädt das Friedensplenum um 18 Uhr zur Gedenkveranstaltung für die Opfer des Faschismus am Mahnmal am Poth ein. Weitere Informationen zu Festivals gibt es unter der Internetadresse www.friedensfestival.de.


Iserlohner Kreisanzeiger, 29.06.2018

Gedenkveranstaltung vor dem Friedensfest

Iserlohn. Das Iserlohner Friedensfestival des Friedensplenums jährt sich bald zum 28. Mal. Auch diesmal findet am Vorabend des Festivals eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus statt. „Da die Machtübernahme Hitlers untrennbar mit der nicht erfolgten Aufarbeitung des 1. Weltkrieges verbunden ist“, so heißt es in der Einladung, werde sich Pfarrer Dr. Gottfried Abrath in seiner Rede mit dem Kriegsjahr 1918 befassen. Das Friedensplenum lädt alle Bürger ein, sich am Donnerstag, 5. Juli, um 18 Uhr am Mahnmal am Poth einzufinden.


Iserlohner Kreisanzeiger, 27.06.2018

Radiobeitrag zum Friedensfestival

Iserlohn. Einen Ausblick auf das Friedensfestival vom 6. bis 8. Juli auf dem Fritz-Kühn-Platz an der Bauernkirche bietet ein Beitrag von „Radio Iserlohn“ am Mittwoch, 27. Juni, ab 21.04 Uhr auf der Frequenz von Radio MK und im Radioplayer auf www.radio-iserlohn.de. Ein Rückblick auf die Veranstaltung im vergangenen Jahr sowie ein Abriss der Geschichte ist ebenfalls Teil der Sendung, die auch mit Festivalmusik aufwartet. Im Rahmen des Rückblicks kommt Redakteur Thomas Brenck zu Wort, ebenso gibt es Interviews mit den Aktiven Detlev Paul, Sabrina Kögler und Klaus Gith aus dem November 2017.


Iserlohner Kreisanzeiger, 28.05.2018

Ein lautstarkes Signal für eine bessere Welt

Das Programm für das mittlerweile 28. Friedensfest steht – trotz aller Widrigkeiten

Tim Gelewski

Iserlohn. An der Litfaßsäule vor dem Jugendzentrum am Karnacksweg prangt noch das Plakat von 2016, höchste Zeit also für frischen Wind – und Details zum mittlerweile 28. Friedensfest, das vom 6. bis 8. Juli wieder vor der Bauernkirche stattfinden wird. Das „Friedensplenum“ hat als Veranstalter jetzt das Programm bekanntgegeben. Das Motto diesmal: „We still have a dream“ – frei nach Martin Luther King, dessen Ermordung sich kürzlich zum 50. Mal gejährt hat. „Martin Luther King hat für mehr als die Gleichberechtigung der Schwarzen gekämpft, sondern auch gegen Krieg und soziale Ungerechtigkeit“, erklärt Organisator Jörg Jung vom „Friedensplenum“ die Wahl des aktuellen Mottos. „Damit passt er zu dem, wofür wir stehen.“

Neue Wegeführung des Platzes bereitet Probleme

Umsonst und draußen, dazu Essen und Getränke zu moderaten Preisen – das „Plenum“ bleibt dem bewährten Konzept treu, auch wenn die Umgestaltung des Fritz-Kühn-Platzes, das „Plenum“ spricht aufgrund der NS-Verwicklungen des Namensgebers vom „Platz der Kulturen“, das Ausrichten der Open-Air-Veranstaltung erschwert.
„Wir sind sehr unglücklich mit der Platzgestaltung“, sagt Jörg Jung. Denn: Die Wegeführung sei so verändert worden, dass Stände entlang der Wege fehl postiert wären, etwa mit der Rückseite zur Bühne. Und so wird die Wegführung beim Festival über die Wiese führen. Bei Regen droht der Besuch so zur schlammigen Angelegenheit zu werden.
Ungeachtet dessen aber wird das 28. Friedensfest wieder zahlreiche musikalische Höhepunkte liefern. Alle Musiker treten wie immer ohne Gage auf, der Erlös fließt in die Flüchtlingsarbeit und soziale Projekte. Zuständig für das Buchen der lokalen und internationalen Bands ist Felix Fricke. Das Festival beschließen wird am Sonntag, 8. Juli, „Doctor Krápula“, eine Rockband, die in ihrer Heimat Kolumbien Stadien füllt. „Und hier ihren Tourauftakt hat und das einzige Mal umsonst in Deutschland spielt“, freuen sich Fricke und seine Mitstreiter.
Nach dem Pressegespräch fand noch eine Party im Jugendzentrum für die Helfer und Interessierte statt. Auch beim „Plenum“ bedarf es neuer ehrenamtlicher Mitstreiter und einer Verjüngung. „Ich selbst war beim ersten Fest 25 Jahre alt, heute bin ich 52“, sagt Jung. Auch das Publikum sei mitgealtert: „Es gibt mittlerweile Leute, die in den 90ern hier waren, die jetzt mit dem Rollator kommen“, erzählt er.
In den kommenden Tagen sollen die 3000 Hefte mit Programm und Hintergründen zum Festival verteilt werden. Geboten wird außerdem wieder ein Kinderprogramm, am Sonntag kommt ab 15.30 Uhr die Zirkusschule Petit. Das „Friedensplenum“ will außerdem Unterschriften für die Umbenennung des Fritz-Kühn-Platzes in „Platz der Kulturen“ sammeln.


Iserlohner Kreisanzeiger, 29.03.2018

„Graue Wölfe“ zeigen Flagge bei Vortrag

Verfassungsschutz beobachtet Organisation

Iserlohn. Wie berichtet, protestierten am Dienstagabend rund 150 Anhänger des türkischen Präsidenten friedlich gegen den Vortrag der Linken-Bundestagabgeordneten Sevim Dagdelen unter dem Titel „Erdogans Überfall auf Syrien“ im Ratssaal. Wie Bilder zeigen, wurden dabei auch Flaggen der „Ülkücü-Bewegung“ (Graue Wölfe) und auch deren Gruß (Wolfshand) gezeigt.
Die Organisation wird vom Verfassungsschutz des Landes NRW beobachtet und als rechtsextremistisch eingestuft, ist aber nicht verboten. Im Jahresbericht von 2016 heißt es hierzu: „Es bedarf einer dezidierten Beobachtung, ob die feststellbare Aggressivität und Hetze ein über die schon bestehende Gewaltneigung hinausgehendes Eskalationspotenzial entwickelt.“ Dem Dachverband „Föderation der Türkischen Idealistenvereine“ sollen in NRW mindestens 2000 Personen angehören.
Zur Ideologie der Grauen Wölfe heißt es, diese sei geprägt von der Forderung nach „Wiedervereinigung“ aller Turkvölker in einem Staat. „Dieser Anspruch basiert auf einem übersteigerten Nationalbewusstsein, das die türkische Nation sowohl politisch-territorial als auch ethnisch-kulturell als überlegen ansieht.“ Die Organisation werte andere Ethnien häufig ab.


Iserlohner Kreisanzeiger, 28.03.2018

Protest gegen Vortrag bleibt friedlich

Die Abgeordnete Sevim Dagdelen kritisiert Erdogan und die Bundesregierung hart

Tim Gelewski

Iserlohn. Es ist friedlich geblieben: Am Dienstagabend protestierten rund 150 Menschen mutmaßlich türkischer Abstammung vor dem Rathaus gegen den angekündigten Vortrag der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen mit dem Titel „Erdogans Überfall auf Syrien“ und taten teils lautstark ihre Unterstützung für die Politik des türkischen Präsidenten kund.
Die Menge löste sich gut eine Stunde nach Beginn der Veranstaltung im mit über 100 Zuhörern voll besetzten Ratssaal wieder auf. Polizeisprecher Dietmar Boronowski sprach im Anschluss von einem „Abend ohne Komplikationen“.

Massives Aufgebot von Sicherheitskräften vor Ort

Dass dem letztlich so war, war im Vorfeld nicht eindeutig abzusehen gewesen. Die Polizei war darum mit sieben Fahrzeugen und zahlreichen Beamten angerückt. Auch das Ordnungsamt und private Sicherheitskräfte zeigten Präsenz.
Wie berichtet, hatte die Veranstaltung zwei Mal vor dem Aus gestanden, nachdem die Hausherren der Seniorenwohnanlage „Altes Freibad“ und des Jugendzentrums am Karnacksweg auch wegen befürchteter Proteste kurzfristig Rückzieher gemacht hatten. Laut Angaben eines Sprechers des Veranstalters „Friedensplenum“ sei es zudem zu Drohungen gegenüber den Betreibern der ursprünglich angedachten Veranstaltungsorte gekommen.
Von Seiten der Polizei hieß es dazu am Abend allerdings, es habe lediglich „Warnungen gegeben, dass etwas passieren könne“. Eine Anzeige wegen möglicher Bedrohungen liege bislang nicht vor. Letztlich hatte Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens kurzfristig den Ratssaal zur Verfügung gestellt – und somit das Stattfinden der Veranstaltung gesichert.
In ihrem Vortrag sparte Sevim Dagdelen dann nicht mit Kritik am türkischen Präsidenten Recep Erdogan – ebenso wenig wie an Bundesregierung und EU. So sei der Einmarsch der Türkei in Syrien ein klarer Bruch des Völkerrechts. Kanzlerin Merkel habe dennoch zwei Monate gebraucht, um sich zu einem kritischen Kommentar durchzuringen („aufgrund geopolitischer Interessen“). Im Falle des mutmaßlichen russischen Gift-Anschlags auf den ehemaligen Agenten Sergej Skripal in Salisbury hingegen hätte es nur Tage bedurft. „Ohne Vorliegen von Beweisen.“

Kritik an Darstellung von Kurdenmiliz YPG

Erdogan, so Sevim Dagdelen, hänge „neoosmanischen Blüteträumen“ nach, kooperiere auf syrischen Gebiet mit „islamistischen Terrorbanden“, um letztlich fremdes Staatsgebiet zu annektieren und den kurdischen Einfluss dort zu unterbinden. Die Bundesregierung unterstütze dies durch eine falsche Politik – unter anderem mit anhaltenden Waffenlieferungen.
Als Zugeständnis an die Proteste hatte das „Friedensplenum“ auch ein kleine Zahl von Erdogan-Befürwortern in den Ratssaal gelassen. Ein junger Mann kritisierte Dagdelen für ihre Darstellung der syrischen Kurdenmiliz YPG als Freiheitskämpfer. „Das sind Terroristen“, sagt der junge Mann, was die Abgeordnete verneinte. Letzlich verließen sechs der sieben mutmaßlichen Erdogan-Unterstützer die Veranstaltung teils unter Unmutsbekundungen vorzeitig.


Iserlohner Kreisanzeiger, 28.03.2018

Protest gegen Auftritt von Dagdelen

Rund 150 Türken haben am Dienstagabend vor dem Iserlohner Rathaus gegen den Auftritt der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen, Die Linke, protestiert. Auf Einladung des Iserlohner FriedensPlenums sprach die Politikerin über Hintergründe des Einmarschs der Türkei in Syrien und die Verfolgung der Kurden. Im Vorfeld hatte es Schwierigkeiten gegeben, einen Veranstaltungsort zu finden.


Iserlohner Kreisanzeiger, 23.03.2018

Ratssaal als Demokratie-Zuflucht

Bürgermeister Dr. Ahrens: Türkischer Konflikt gehört nicht in andere Länder

C. Merkel und S. Janke

Iserlohn. Überraschende Wende auf der Suche nach einem Veranstaltungsort des Friedensplenums für den für kommenden Dienstag geplanten Syrien-Abend mit der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen, nachdem Verantwortliche der Wohnanlage Altes Stadtbad und des Jugendzentrums abgewunken haben: Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens stellt dafür den Ratssaal zur Verfügung.
„Ich halte es mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar, dass eine solche Veranstaltung aus Gründen der türkischen Innenpolitik mit Bedrohungen hierzulande verhindert werden soll“, sagte Ahrens. Er erinnerte an seine Reaktion auf die Demonstration von etwa 350 Menschen vor dem Iserlohner Rathaus nach dem Putschversuch vor zwei Jahren. „Es gilt das gleiche, was ich damals gesagt habe: Wir sind ein freiheitliches, demokratisches Land. Für mich ist das ein Konflikt der Türkei. Der gehört nicht hier hin und sollte auch nicht in andere Länder getragen werden.“ Ahrens spüre, dass die aktuellen Vorgänge in der Türkei und Syrien und die internationalen Auswirkungen auch die Bevölkerung bei uns sehr bewegen, nicht nur bei Menschen mit türkischen Wurzeln. Aus dem politischen Raum habe er „großes Verständnis und Zustimmung für diese Entscheidung erhalten“.

Die Veranstalter vom Plenum sind erleichtert

Beim Friedensplenum herrsche nunmehr Erleichterung, dass Ahrens „der Bitte nach Unterstützung nach einem sicheren Veranstaltungsort nachkommt“, teilte Jörg Jung mit. „Das ist ein großes Zeichen an die Adresse jener Antidemokraten, die durch Drohungen eine politische Debatte in der Stadt verhindern wollen.“
„Das Friedensplenum hat die Gefahr nicht gesehen, die hinter dieser Veranstaltung steckt“, sagt Ramazan Demir. Nur deshalb habe der Iserlohner („Ich bin selber Kurde“) Polizei und Ordnungsamt aufmerksam gemacht, dass die Veranstaltung Konfliktpotenzial berge. „Da werden Leute von überall her kommen, auch von der BIG-Partei und natürlich von der Kurdischen Arbeiterpartei PKK“, erklärt Demir am Donnerstag im Gespräch mit unserer Zeitung. Er habe Angst, dass es zu Auseinandersetzungen kommen könnte. „Das habe ich den Behörden mitgeteilt, weil ich mich als Bürger dazu verpflichtet fühle. Ich habe niemanden bedroht, sondern nur auf eine Bedrohung hingewiesen“, sagt der Türke, der seit 30 Jahren in Iserlohn lebt und die Waldstadt als „seine Stadt“ sieht. Deshalb wolle er dafür sorgen, dass hier Frieden herrscht. „Türken und Kurden leben in Iserlohn friedlich zusammen, und das soll so bleiben.“
Dass er nicht viel von Sevim Dagdelen hält, daraus macht Demir kein Geheimnis. Bei der Veranstaltung werde er dabei sein, weil „sich die Volksvertreterin in Iserlohn gegen den türkischen Staat äußern“ und somit „das Zusammenleben zwischen Türken und Kurden negativ beeinflussen“ werde. „Ich mache bewusst keine Gegenveranstaltung, aber ich werde der Bundestagsabgeordneten kritische Fragen stellen. Denn Frieden müsse es für alle Seiten geben – „und nicht nur für die PKK“, sagt Ramazan Demir.

Für Frieden oder gegen Dagdelen?

Stefan Janke

Dass von ihm selbst eine Bedrohung im Zusammenhang mit dem geplanten Auftritt der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen ausgeht, dagegen verwehrt sich Ramazan Demir. Er habe lediglich auf eine mögliche Gefährdung des Friedens unter seinen türkischen Landsleuten hinweisen wollen. Er macht aber auch keinen Hehl daraus, dass er selbst gegen einen Auftritt von Dagdelen in Iserlohn ist. Und er prophezeit, dass an diesem Tag vor dem Rathaus viele Fahnen der PKK wehen.
Nach dem Putschversuch in der Türkei vor zwei Jahren war er es, der zu einer Demonstration pro Erdogan aufgerufen und eine große Schar Befürworter des türkischen Präsidenten mobilisiert hatte. Vor diesem Hintergrund bleibt doch die Vermutung haften, dass es ihm mehr um eine Verhinderung der Veranstaltung des Friedensplenums geht, als um den inneren Friedens in der Stadt, die er als „seine Stadt“ bezeichnet.


Iserlohner Kreisanzeiger, 22.03.2018

Syrien-Abend des Friedensplenums „birgt Konfliktpotenzial“

Ramazan Demir schaltet Ordnungsamt und Polizei ein. Altes Stadtbad sagt ab, eine Verlegung ins Jugendzentrum ist geplatzt

Cornelia Merkel

Iserlohn. Im Vorfeld einer Veranstaltung am kommenden Dienstagabend zu Hintergründen des Krieges und dem drohenden Völkermord an Jesiden und Kurden in der Region Afrin in Syrien hat das Friedensplenum jetzt Probleme, einen Ort zu finden. Ursprünglich sollte die Veranstaltung in der Seniorenwohnanlage Altes Stadtbad (SWA) stattfinden.
„Leider müssen wir die Veranstaltung mit der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen verlegen, da im Verlauf des gestrigen Tages erheblicher Druck auf den Betreiber des Alten Stadtbades ausgeübt wurde und dieser uns daraufhin bat, die Veranstaltung nicht bei ihm auszurichten“, teilte Jörg Jung als Sprecher des Plenums am Mittwoch mit. SWA-Geschäftsführer Manfred Blaurock stellt dies anders dar: „Das Friedensplenum hat den Termin gebucht, ohne uns zu sagen, was passiert. Ich habe erfahren, dass es bei dieser Veranstaltung um den Krieg in Syrien geht. Und dass dazu eine Darstellung vorgetragen wird, die mit der Vortragenden und ihrer Partei Die Linke im Einklang steht. Als neutrale Institution sagen wir diese Veranstaltung ab.“ Die Seniorenwohnanlage habe zwar „heimischen Parteien ihre Räumlichkeiten für lokale Mitgliederversammlungen vermietet, aber nur für interne Veranstaltungen mit regional begrenzten Themen“.

Wohlmeinender Hinweis oder Druck aufs Friedensplenum?

Die Veranstaltung zum Syrienkrieg sollte kurzfristig in städtische Jugendzentrum verlegt werden, doch auch von dort kam am Nachmittag eine Absage. „Das Jugendzentrum hat Drohanrufe bekommen und bittet uns deswegen, die Veranstaltung nicht in deren Café zu machen“, teilt Jung mit. Man werde dem nachkommen, weil „wir natürlich nicht die Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gefährden wollen.“ Die Polizei sei vom Plenum über die Entwicklung informiert worden, es werde nun versuchen, über den Bürgermeister einen geeigneten Raum zu bekommen.
Ramazan Demir war bei Ordnungsamt und Polizei vorstellig geworden und hatte davor gewarnt, dass diese Veranstaltung „Konfliktpotenzial birgt und mehrere Hundert Leute mobilisieren könnte“. Das hatte Demir, der 2014 wegen seines ehrenamtlichen Engagements einen Preis des Iserlohner Integrationsrates erhalten hatte, auch in der SWA und beim Plenum erklärt. Ordnungsamtsleiterin Angela Schunke und Polizeisprecher Marcel Dilling bestätigten dies. Ob Hinweis oder Druck mit türkisch-kurdischem Konflikt-Szenario, darüber gehen die Angaben der Beteiligten auseinander. Der Türke hatte 2016 die Demo mit 350 Menschen vor dem Iserlohner Rathaus nach dem Putschversuch in der Türkei organisiert.


Iserlohner Kreisanzeiger, 20.03.2018

Krieg in Syrien und was dahinter steckt

Sevim Dagdelen zu Gast beim Plenum

Iserlohn. Der Einmarsch der Türkei in Syrien und der drohende Völkermord an Jesiden und Kurden in der Region Afrin beschäftigt auch das Friedensplenum Iserlohn.
Um mehr über die Hintergründe und Zusammenhänge des Konfliktes zu erfahren, hat die Gruppe Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und Außenexpertin der Linksfraktion im Bundestag, nach Iserlohn eingeladen. Im Alten Stadtbad wird sie die geopolitischen Machtverhältnisse in Syrien und der Region skizzieren. Welche Rolle spielt die NATO und was sind die Hintergründe? Was bezweckt der türkische Präsident mit seinem Angriff auf die Kurden in Syrien?

Kräfteverhältnisse und politische Alternativen

Dagdelen beleuchtet zudem die Kräfteverhältnisse am Bosporus und zeigt politische Alternativen zum Umgang der Bundesregierung mit der Türkei auf. Gerade nach dem Referendum in der Türkei, mit dem der Ausnahmezustand zum Normalzustand festgeschrieben wird, kritisiert sie den Ausbau der militärischen Zusammenarbeit mit dem NATO-Partner Türkei bis hin zur Errichtung einer Panzerfabrik durch die deutsche Rüstungsschmiede Rheinmetall als das falsche Signal der Unterstützung an Staatspräsident Erdogan. Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 27. März, von 18.30 bis 21 Uhr im Alten Stadtbad statt. Der Eintritt ist kostenlos.